Bodengrund
Eins vorweg, ich gebe hier kein Testlabor für am Markt befindliche Substrate, sondern praktiziere Aquaristik und reflektiere Teile der gewonnenen Erfahrung. Anfängern sei mitgegeben, das extra Substrate als Beimengung im Bodengrund, oder anderweitig "Mega-In" proklamierte Bodensubstrate im Hochpreis-Segment, keineswegs ein Muß sind, um ein Aquarium mit gutem Pflanzenwuchs zu erzielen.
In einem Aquarium hat das Bodensubstrat verschiedene Funktionen. Der Bodengrund gibt Wasserpflanzen halt und bietet Mikroorganismen gewisse Siedlungsfläche.
Die Körnung des Substrates sollte sich nach den Bedürfnissen und den Fress- und Verhaltensweisen der tierischen Pfleglinge richten. Einige Bodensubstrate haben auch chemisch ausgleichende Eigenschaften.
Wenn ein Aquarium den Wohnraum verschönern soll, kann die Wahl des Bodengrundes Gestaltungselement sein und den Gesamteindruck des Aquariums erheblich beeinflussen.
Persönlich benutze ich seit Jahren feinen oder mittleren Quarzkies, was ich bei 1 mm bis maxima 4 mm Kieselgröße definiere. Wenn der Tierbesatz es erfordert, benutze ich Sand im Aquarium, oder eine Mischung aus Kies und Sand. Vor einer Zeit habe ich, zum Test und wegen der dunkleren Farbe, ein Nano-Aquarium mit JBL Manado Bodengrund eingerichtet und bin damit recht zufrieden. Wegen der mir gefälligen Optik, werde ich auch mein großes 720 Liter Pflanzenaquarium bei Gelegenheit damit einrichten.
Ein anderes Produkt, aus gebrannter Kleie, habe ich in einigen Kleinbecken mit Guppy-Besatz versucht. Nach einiger Zeit wurde das Substrat aber zum Siedlungsherd für Algenbüschel. Außerdem war es mir zu leicht und bot, gerade Anfangs, zu wenig halt. Später zog man an einem Pflanzenstängel und hatte gleich den gesamten Bodengrund beim Wickel.
Bei Ersteinrichtung eines Aquariums nehme ich z.B. Kies, den ich im Eimer ein paarmal lauwarm spüle. Eine völlige Klarheit des Spülwassers ist nicht erforderlich. Weitere Bodengrundzusätze zur Untermischung bei Inbetriebnahme eines Aquariums, habe ich bis Abfassung des Beitrages noch nie verwendet. Bisher dünge ich mit Flüssigdünger und teils, im fertig eingerichteten Aquarium, nach einiger Zeit partiell mit Tabletten oder Düngekugeln. Mit der Methode habe ich viele im Handel erhältliche Aquarienpflanzen bei gutem Zustand pflegen können.
Ein wichtiger Aspekt ist das Wohlbefinden der Aquarientiere, dieser kann durchaus vom Bodengrund beeinflusst werden. So ist es z.B. vielen Zierfischen nicht angenehm, wenn man hellen Bodengrund zumutet, die Tiere ursprünglich aber aus beschatteten Urwaldbächen, verkrauteten Gewässern mit viel Deckung, oder teebraunem Schwarzwasser/trübem Weiswasser stammen und die Färbung und Verhalten durch diesen Biotope evolutionär begründet ist. Oft sind solche Tiere über hellem Grund schreckhaft, oder zeigen nur blasse Farben.
Gründelnde Fische, wie z.B. Panzerwelse oder Elefantenrüsselfische, sind mit feinem Sand artgerecht bedient, grobe oder scharfkantige Substrate können den Maulbereich verletzten und Folgeerkrankungen Vorschub leisten.
Feiner Bodengrund hat meist den Vorteil, das Mulm eher oberflächlich aufliegt und schneller abgezogen werden kann, allerdings bietet dichter Bodengrund keine gute Voraussetzung für die Zirkulation und Austausch.
Gepflegter feiner und mittlerer Aquarienkies, fördert hingegen begrenzt die Zirkulation. Bodenbewohnende Schnecken können das unterstützen. Hier kann natürlich mehr Mulm einsinken. Anteile davon können den Pflanzen durch Zersetzungsprozesse Nährstoffe liefern, allerdings ein Zuviel an Mulm im Bodengrund ist dann mit Hilfe einer Mulmglocke zu reduzieren. Hier ist auch zu beachten, das nicht nur oberflächlich abgezogen wird, sondern gelegentlich einzelne Partien des Bodengrundes im Aquarium durchgearbeitet werden. Auch bei Aquarien ohne Kiesblende tut schon ein bearbeiten der vordersten Linie (nicht nur für die gepflegte Optik) Einiges. Stärker verunreinigter Bodengrund kann Fäulnisherd sein, Aquarieninsassen vergiften und Ursache für Algenprobleme sein. Die bedachte Nutzung einer einfachen Mulmglocke hilft effektiv und wirkt gegen eine übermäßige Sauerstoffzehrung, soweit verursacht durch ungepflegten Bodengrund. Oft soll man Dünge-Zusatze ganz unten einbringen, das sehen vielleicht einige wühlende Fische später sowieso anders. Und jedes Um- und Neupflanzen, sonstiges Dekorieren und ebend die Bodenpflege durch die Mulmglocke, zerstören einen Schichtenaufbau mehr oder weniger schnell. Sonstiges Ausräumen oder Abkochen des Bodengrundes, in Annahme das man so Aquarienpflege betreibe, ist grundlegend falsch und für ein gesundes Boden- und Aquarienmillieu völlig kontraprodukiv.
Wenn man künstlich gefärbte Kiese kaufen will, sollte man die Färbemethode berücksichtigen. Manche Kiese sind tatsächlich gefärbt, es gibt auch Kiese, die die Färbung durch eine Kunststoff-Ummantelung erhalten. Das hat einerseits den Vorteil das eine eventuelle Schärfe der Körner gemildert wird, andererseits ist kunststoffummantelter Kies leichter (Schüttgewicht), was dem Halt für Pflanzen abgeht. Ich habe solchen Kies früher mal der braunen Farbe wegen genommen, heute besteht für mich kein Anlass mehr zu gefärbtem Kies zu greifen, weil es alternative braune Bodensubstrate natürlicheren Farbeindruckes gibt. Und das Handelsangebot an eingefärbtem Kies in Kitschfarben, schmerzt sowieso an meinen Asthetikrezeptoren.
Manchmal landen Anfänger mit Algenproblemen (zu spät) bei mir. Und dann höre ich z.B.: ...supertoller Bodengrundzusatz von Marke Megateuer nebst Bodenheizung gekauft... weil, das MUSS man doch haben für schöne Pflanzen, hat der Verkäufer erzählt/hat man im Internet gelesen !
DAS muss man mitnichten. Müssen tut man aufs Klo, und so.
Man hat also alles gemacht, was doch so gut und teuer ist und von sonstwo empfohlen wurde, - aber warum hat Jemand nun Probleme mit dem Aquarium und ist mit einem Sack voller "Überzeugungen" bei mir?! Und vielleicht kommt die Frage nach einem Algenmittel, von dem sich Abhilfe erhofft wird. Da die Ursache der Plage nicht beseitigt wird, ist es aber keine Lösung.
Und jetzt ist alles voller Algen. Aber was soll denn passieren, wenn ohne Erfahrung und schlechter, undifferenzierte Beratung - oder nicht hören können auf echte Tipps, das Becken zu früh mit Tieren über- und falsch besetzt ist, kein Gefühl für Futtermengen und Futterqualitäten vorhanden ist, an der Beleuchtung nichts passt und die Wasserbelastung auch noch mit extra beheiztem Bodendünger hoch getrieben wird?!
Die Folge ist instabiles, belastetes Wasser, das die so erbettelten Algen auch bekommt. Besonders bei Anfängern wäre in den meisten Fällen schlecht investiertes Geld besser in eine zusätzlichen Lampe und eine angemessene Filtereffizienz geflossen, als in extra Bodenzusätze. Und z.B. statt für das "Pärchen" Panzerwelse, hätte es ohne andere kontraproduktive Käufe wohl für eine halbwegs artgerechte Gruppe gereicht.
Fazit: Die Wahl in Punkto Bodengrund richtet sich vorrangig nach den Ansprüchen der geplanten Pfleglinge. Der Rest ist gestalterischer und geschmacklicher Freiraum. Pflanzen nutzen viele Arten von Bodengründen, besonders "Besonders" zu kaufen, ist nicht der Weg zum Erfolg. Bodenzusätze sind für Spezialfälle und Aquarianer mit Hintergrundwissen um Wasserchemie legitim. Probleme mit Aquarienpflanzen liegen selten an zu magerem Substrat, sondern an anderen Kulturfehlern.
© 2012 - Petra Mees